SALZ:KLANG – Jugendchor Österreich 2024
Der Jugendchor Österreich begab sich auf eine Reise! Das macht dieser 40 köpfige Chor mit Sängerinnen und Sängern aus ganz Österreich und Südtirol zwar jedes Jahr, da er immer in einem anderen Bundesland zu Gast ist, allerdings war die Reise in diesem Jahr eine ganz besondere. Im Programm für das Jahr 2024 war eine Expedition in die Vergangenheit geplant – gar zu den Anfängen der Zivilisation in Österreich und seinen Nachbarländern: eine Odyssee entlang der Salzstraßen auf der Suche nach der Geschichte des weißen Goldes!
Passend zu unserem Konzertprogramm waren wir im Sommer 2024 in der europäischen Kulturhauptstadt Bad Ischl zu Gast. Dieses entzückende Städtchen liegt im Herzen des Salzkammergutes, eine Region, die schon in ihrem Namen erkennen lässt, dass der Salzhandel ihre Geschichte maßgeblich geprägt hat. Da die Region in diesem Sommer zum Reiseziel etlicher kulturinteressierter Reisender aus allen Ecken Österreichs und Europas wurde, waren wir Sänger und Sängerinnen des JCÖ nicht die einzigen, die an einem warmen Julinachmittag in Bad Ischl ankamen.
Nachdem wir unsere Zimmer in der örtlichen Jugendherberge bezogen hatten, begaben wir uns zu unserer ersten Probe in die Musikschule Bad Ischl. Allein schon in diesem Haus proben zu dürfen, erfüllte uns mit Stolz und Dankbarkeit. Die Musikschule befindet sich etwa 150 Meter von der Kaiservilla entfernt, am Gelände der kaiserlichen Parkanlage, die als Sommerresidenz des österreichischen Kaiserpaares Franz Joseph und Elisabeth und weiterer Mitglieder der Habsburgerfamilie diente. Das Gebäude der Musikschule selbst war einst das Quartier der kaiserlichen Kutschen und wurde von den Stallungsgebäuden gesäumt, die die Pferde beherbergten (links die einfachen Kutschengäule, rechts die teuren, edlen Reittiere des Monarchen). Heute dienen die ehemaligen Stallungen als Ausstellungsräume.
Bei der Probe hatten wir erstmals die Möglichkeit, die schwungvollen Klänge der Stücke, die wir alle im Eigenstudium schon angestimmt hatten, im Kollektiv des ganzen Chores erklingen zu lassen. Das Programm war anspruchsvoll und selbst für die geübtesten Chorsänger:innen eine Herausforderung. Jede Probenminute, die uns in den nächsten sechs Tagen bevorstand, wurde von uns genutzt, um auf ein erfolgreiches Konzert hinzuarbeiten. Neben einer Uraufführung von Johannes Berauer sangen wir Volkslieder und Jodler aus Kärnten bis Bulgarien, Hymnen an die Mutter Gottes und Gesänge, deren Komponisten sich von den schönen Landschaften des Salzkammergutes inspirieren lassen hatten. Kurz: was eben die Salzhändler auf ihren Reisen so gehört haben müssen.
Am ersten Abend fand dann eine Kennenlernrunde statt, bei der wir nicht nur bessere Bekanntschaft mit unseren zwei Chorleiter:innen Franz Herzog und Agnes Schnabl machen konnten, die den Jugendchor Österreich schon im Vorjahr im Duo betreut hatten, sondern besonders unseren Kolleg:innen im Chor näher kamen. Denn um aus so einem bunten Haufen einen harmonischen Chor zu formen, ist es wichtig, sich gut zu kennen, zu verstehen und als Einheit zusammenzuwachsen, und das in nur einer Woche. Denn zum Unterschied zu anderen Chören trifft man viele seiner Kamerad:innen bei diesem Auswahlchor zum ersten Mal. Außerdem lernten wir auch Rita Peterl und Christian Wester kennen, die uns in den kommenden Tagen als Stimmbildner:innen unterstützten und dafür sorgten, dass unsere Stimmen während dieser intensiven Probenphase dennoch gesund blieben.
Die folgenden Tage vergingen wie im Flug. Proben folgten auf Proben und mit jedem Mal wurde der Chorklang stimmiger. Wir sangen meist gemeinsam, manchmal auch in geteilten Stimmgruppen, mal mit Noten, dann wieder auswendig. Neben den zum Teil auch erschöpfenden Proben war es ebenso wichtig, wieder Energie zu tanken. In den Pausen genossen viele die Sonne, gingen spazieren, bildeten Massagekreise oder legten sich gar noch für eine Weile hin, um den benötigten Schlaf nachzuholen. Denn auch abends hatten wir viel Spaß miteinander, quatschten, lachten und (natürlich!) sangen miteinander. Unter anderem wurde eine Pubquizrunde organisiert sowie ein Bunter Abend gestaltet, bei dem jede Teilnehmerin und jeder Teilnehmer ganz persönliche Talente und Leidenschaften vor den anderen präsentieren konnte. Auch ein Flashmob im Kurpark durfte nicht fehlen, bei dem wir unsere Konzerte bewarben und schaulustigen Passant:innen eine kleine Auswahl von Stücken aus unserem Programm vorführten. Am vierten Tag, an dem ein probenfreier Nachmittag geplant war, wurden wir zu einem Sänger des steirischen Landesjugendchores Cantamina nach Hause eingeladen und konnten am Ufer des Wolfgangsees entspannen. Wichtig nur, nicht den letzten Bus zurück nach Bad Ischl zu verpassen, damit man ja nicht die Probe am nächsten Morgen verpasst!
Auch wenn unser Konzert nicht in den offiziellen Spielplan des Kultursommers Salzkammergut aufgenommen wurde, sollte es dennoch das prominente Thema der Region widerspiegeln, das schon im Konzerttitel „SALZ:KLANG. Eine musikalische Handelsreise“ Anerkennung findet. Dazu wurde von einem Sänger des Chores aus realen Erfahrungsberichten von Salzhändlern eine eigene fiktive Geschichte kreiert, die dem Publikum zwischen den musikalischen Darbietungen die Lebensrealität der Vertreter dieser altertümlichen Zunft näherbringen sollte:
Es erzählte Hans, der Sohn einer seit vielen Generationen im Salzhandel tätigen Familie, von seinen Erlebnissen auf den Handelsreisen. Seine Geschichte begann vor der Abfahrt in die nicht ungefährliche Ungewissheit mit dem oft schweren Abschied von zu Hause, von der Heimat, die er oft monatelang nicht mehr sah. Er berichtete von seinen Begegnungen mit fremden Kulturen, unbekannten Landschaften und neuen Menschen. Die Handelsrouten, die mittelalterlichen Salzstraßen führten aus dem Salzkammergut an die entferntesten Orte Europas: ans Schwarze Meer, nach Venedig bis an die Nordsee. Besondere Faszination entwickelte Hans jedoch für die Melodien, die ihm in der Ferne begegneten. Schließlich blickte Hans in die Zukunft, in der sich das Salzkammergut zu einem Sehnsuchtsort für Künstler:innen und wohlhabende Kunstförderer und Kunstförderinnen aus dem Adelsgeschlecht entfalten würde.
Auch dieser Bericht wurde in dieser einen Woche erarbeitet und gemeinsam mit Stefan Heckel, der den Chor mit seiner Harmonika instrumental begleitete und die Erzählung feinfühlig untermalte, verfeinert und finalisiert.
Und schon war Freitag angebrochen, der Tag unseres ersten Konzerts. Wir konnten es alle kaum glauben. Am Vormittag wurden noch die letzten musikalischen Details besprochen und nach dem Mittagessen ging es nach Bad Aussee, wo wir im Kur- und Congresshaus der Stadt unseren ersten Auftritt absolvieren durften. Nach einer gelungenen Vorführung reisten wir abends berauscht und sichtlich glücklich wieder zurück in unser Quartier nach Bad Ischl. Auch das Samstagskonzert in der Pfarrkirche Bad Ischl war ein großer Erfolg und wir wurden vom zahlreichen Publikum bejubelt.
Ein besonderes Wochenhighlight wurde uns aber ganz unerwartet nach dem Konzert zuteil. Als der Chor sich auf den Weg zur Ischl machte, um sich in ihrem Wasser zu erfrischen, trafen wir auf Hubert von Goisern, dem wir einen Teil unseres Konzertprogramms gleich noch einmal vorsangen. Er wirkte sichtlich gerührt, als wir von unserem Projekt erzählten und ihn wissen ließen, dass wir als Zugabe sogar ein Arrangement seines eigenen Songs „Heast as net?“ gesungen hatten. Ein herzerwärmendes Beispiel für die verbindende Kraft der Musik!
Und so endete die Reise des JCÖ 2024 und eine großartige Woche voller singbegeisterter engagierter junger Menschen. Im kommenden Jahr feiert der Chor sein zehnjähriges Jubiläum mit zwei großartigen Konzerten in der Bundeshauptstadt Wien. Kommen Sie uns doch besuchen und feiern Sie mit uns!
Bis dahin: GLÜCK AUF!
Bastian Borovnyak